Humane Papillomaviren – man sieht sie nicht, man spürt sie nicht und dennoch sind sie häufig unsere langjährigen Begleiter
Das humane Papillomavirus (HPV) ist ein Virus, das bei Frauen u.a. Anogenitalwarzen (sogenannte Kondylome) und Veränderungen am Gebärmutterhals verursachen kann. Diese Veränderungen können sich über Monate oder Jahre zu Krebsvorstufen und schliesslich zu Gebärmutterhalskrebs (sogenanntes Zervixkarzinom) entwickeln.
Es gibt mehr als 100 verschiedene HPV-Untertypen, von denen einige Hochrisikotypen mit einem hohen Veränderungspotenzial sind und andere Niedrigrisikotypen mit einem geringen krebsauslösenden Potenzial.
In 99.7% aller Zervixkarzinome konnte humane Papillomavirus-DNA nachgewiesen werden – eine Tatsache, die zeigt, dass es ohne HPV-Infektion kaum zur Entstehung von Gebärmutterhalskrebs kommen kann. Der Zusammenhang zwischen einer persistierenden HPV-Infektion mit einem HPV-Hochrisikotypen und dem Risiko, ein Zervixkarzinom zu entwickeln, wurde vielfach wissenschaftlich belegt und ist allgemein anerkannt.
Es wird geschätzt, dass sich mehr als 80% der sexuell aktiven Erwachsenen mindestens einmal im Leben eine HPV-Infektion zuziehen. Damit ist HPV die häufigste sexuell übertragene Infektion.
HPV wird durch Oral, Vaginal- oder Analsex übertragen. Die Infektion kann aber auch schon beim Kontakt mit Haut oder Schleimhäuten einer infizierten Person erfolgen. Daher reduzieren Kondome das Risiko einer Übertragung zwar, können es aber nicht vollständig beseitigen. Humane Papillomaviren sind so hochansteckend, dass sogar konsequenter Safer Sex keinen vollständigen Schutz vor einer Ansteckung bietet.
Eine regelmässige gynäkologische Vorsorgeuntersuchung kann helfen, derartige HPV-bedingte Krebsvorstufen rechtzeitig zu erkennen und so die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs zu vermeiden. Eine regelmässig durchgeführte gynäkologische Vorsorgeuntersuchung sowie die HPV-Impfung stellen die wichtigsten Elemente zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs dar.
Aktuell wird ein HPV-Impfstoff eingesetzt, der die 2 HPV-Typen abdeckt, die am häufigsten Kondylome verursachen und die 7 Hochrisikotypen, die am häufigsten für die Entstehung von Krebsvorstufen und Gebärmutterhalskrebs verantwortlich sind. Die Impfung wird bis zum 26. Lebensjahr im Rahmen der kantonalen Impfprogramme bezahlt. Nach dem 26. Lebensjahr hängt die Kostenübernahme von der Krankenversicherung ab, oft übernehmen Zusatzversicherungen aber einen Teil der Impfkosten. In bestimmten Situationen kann die HPV-Impfung auch noch nach der Behandlung einer Krebsvorstufe empfohlen werden, da Studien zeigen konnten, dass es dadurch zu einem Rückgang der Rezidivrate kommen kann. Während der Schwangerschaft besteht keine Zulassung zur Impfung gegen HPV. Der HPV-Impfstoff ist jedoch ein inaktiver Impfstoff ohne das Risiko teratogener Wirkungen auf den Fetus.
Warum können humane Papillomaviren so gefährlich werden?
Humane Papillomaviren infizieren die Zellen der sogenannten Transformationszone des Gebärmutterhalses. Diese Zone ist dadurch charakterisiert, dass mehrschichtiges Plattenepithel stufenweise durch den Transformationsprozess der Metaplasie in Drüsenepithel übergeht. Die Zellen dieses Bereiches sind sehr empfänglich für die HPV-Karzinogenese, zeigen aber auch gleichzeitig ein hohes Potenzial zur spontanen Abheilung. So verschwinden etwa 80-90% der HPV-Infektionen innerhalb eines Zeitraums von bis zu 2 Jahren. Sogar Infektionen, die schon zu Zellveränderungen geführt haben, werden noch erfolgreich vom Immunsystem bekämpft und heilen aus. Eine viele Jahre fortbestehende Infektion des Gebärmutterhalses mit einem HPV-Hochrisikotypen ist die notwendige Voraussetzung für die Entwicklung einer sogenannten intraepithelialen Neoplasie (SIL/CIN). Zusätzliche Faktoren, die die Krebsentstehung begünstigen sind Rauchen, ein junges Gebäralter, die Einnahme von oralen Kontrazeptiva über mehr als 5 Jahre, eine gleichzeitige Infektion mit weiteren sexuell übertragbaren Erregern (wie z.B. Chlamydien) und ein geschwächtes Immunsystem (z.B. durch Stress).
Was geschieht bei der Untersuchung zur Gebärmutterhalskrebsvorsorge?
In der Schweiz wird empfohlen mit der Gebärmutterhalskrebsvorsorge ab einem Alter von 21 Jahren zu beginnen, unabhängig vom Beginn der sexuellen Aktivität oder anderer Risikofaktoren. Bei der Untersuchung wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt einen zytologischen Abstrich (sogenannter PAP-Abstrich) von der Transformationszone des Gebärmutterhalses abnehmen. Die entnommenen Zellen werden in das Zytologielabor geschickt, wo sie unter dem Mikroskop beurteilt werden. Finden sich keine Zellen aus der Transformationszone im zytologischen Abstrich, so ist er nicht repräsentativ und es empfiehlt sich, den Abstrich zu wiederholen. Bei Vorliegen von Risikofaktoren (z.B. auffälliger Abstrich in der Anamnese) sollte dies möglichst innerhalb von 3-6 Monaten erfolgen.
Mein PAP-Abstrich ist auffällig – was bedeutet das jetzt für mich?
Auffälligkeiten im zytologischen Abstrich werden häufig festgestellt und sind in der Regel nicht besorgniserregend. Es heisst lediglich, dass etwas im Abstrich nicht in Ordnung ist und eine genauere weiterführende Kontrolle erforderlich ist. Je nach Abstrichresultat wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt eine der folgenden Empfehlungen machen.
- Wiederholung des zytologischen Abstriches z.B. nach 6 und 12 Monaten: dies kann bei leichtgradigen Veränderungen empfohlen werden, in denen eine spontane Normalisierung des Abstriches sehr häufig vorkommt. Leichtgradige Veränderungen müssen nicht unbedingt etwas mit Krebsvorstufen zu tun haben, sondern können auch reaktiv bedingt sein durch eine Scheideninfektion mit Bakterien oder Pilzen. Häufig wird in einer solchen Situation eine lokale Scheidenbehandlung mit Vaginaltabletten empfohlen und im Anschluss zur Wiederholung des PAP-Abstriches geraten.
- Durchführung eines HPV-Tests: dieser Test kann direkt am Abstrichmaterial durchgeführt werden und erlaubt Aufschluss darüber, ob eine Infektion mit einem HPV-Hochrisikotypen vorliegt.
- Durchführung einer Kolposkopie: bei dieser Untersuchung wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt den Gebärmutterhals mit einem Kolposkop (ähnlich wie bei einem Mikroskop) betrachten. Der Gebärmutterhals wird dabei mit speziellen Lösungen betupft, die kleine Veränderungen sichtbar machen und so auf eine Krebsvorstufe hinweisen können. Eine solche Auffälligkeit kann in derselben Untersuchung gezielt biopsiert werden.
Übersicht über häufige auffällige Abstrichresultate und deren Konsequenzen
- NILM: unauffälliges Abstrichresultat
Zellen plattenepithelialen Ursprungs:
- ASC-US: Atypical squamous cells of undetermined significance
- ASC-H: Atypical squamous cells cannot exclude HSIL
- LSIL: Low-grade squamous intraepithelial lesion = leichtgradige Veränderung
- HSIL: High-grade squamous intraepithelial lesion = mittel- oder höhergradige
Veränderung
Zellen glandulären Ursprungs:
- AGC-NOS: Atypical glandular cells, not otherwise specified
- AGC-FN: Atypical glandular cells, favor neoplasia
Vorgehen bei ASC-US und ASC-H
Die ASC-Veränderungen werden in «atypische Zellen von unbestimmter Bedeutung» (ASC-US) und «atypische Zellen, bei denen eine hochgradige plattenepitheliale Läsion nicht ausgeschlossen werden kann» (ASC-H) unterteilt.
- ASC-US:
Das weitere Vorgehen bei einem ASC-US hängt vom Alter der Patientin ab. Ist die Patientin 30 Jahre oder älter, gibt es 2 Möglichkeiten, wie vorgegangen werden kann. Es kann zunächst eine HPV-Typisierung durchgeführt werden, mit der untersucht werden kann, ob eine Infektion mit einem der bekannten HPV-Hochrisikotypen vorliegt. Wird bei einer Frau mit ASC-US eine Infektion mit einem HPV high risk-Typen nachgewiesen, sollte eine Kolposkopie und gegebenenfalls eine gezielte Biopsie erfolgen. Ist der HPV-Test negativ, ist das Risiko für eine Krebsvorstufe so gering, dass es ausreicht, wenn der zytologische Abstrich nach einem Jahr wiederholt wird. In den meisten Fällen normalisiert sich der Abstrich innerhalb dieser Zeit von selbst. Ein weiteres mögliches Vorgehen bei Patientinnen mit ASC-US, die älter als 30 Jahre sind, ist die Wiederholung des zytologischen Abstriches nach 6 und 12 Monaten. Wenn beide zytologischen Abstriche unauffällig sind, kann in die regulären Kontrollen im Rahmen der Vorsorge zurückgekehrt werden. Falls es nicht zu einer Normalisierung des Abstrichbefundes kommt, wird eine Kolposkopie empfohlen.
Für Frauen unter 30 Jahren wird keine HPV-Typisierung empfohlen, da in diesem Alter HPV-Infektionen so häufig auftreten und in den meisten Fällen von selbst verschwinden, so dass sich aus dem Testresultat keine spezifischen Konsequenzen ergeben würden. Es wird daher bei diesen Patientinnen empfohlen, bei ASC-US eine Abstrichwiederholung nach 6 und 12 Monaten durchzuführen. Sind beide Abstrichkontrollen unauffällig, kann wieder mit den regulären Kontrollen im Rahmen der Vorsorge fortgefahren werden.
- ASC-H:
Bei diesen Veränderungen kann eine mittel- oder höhergradige Läsion vorliegen, so dass eine weitere Abklärung mittels Kolposkopie durchgeführt werden sollte. Bei dieser Untersuchung wird der Gebärmutterhals mit einem Kolposkop (ähnlich wie ein Mikroskop) betrachtet. Durch Auftragen spezieller Lösungen (üblicherweise Essig und Jodlösung) können kleine Veränderungen sichtbar gemacht werden, die auf eine Krebsvorstufe hinweisen. Eine solche Auffälligkeit kann dann gezielt in derselben Untersuchung mit einer kleinen Zange biopsiert werden. Die Gewebeentnahme ist nicht schmerzhaft.
Vorgehen bei LSIL
Bei diesem Abstrichresultat handelt es sich meistens um leichtgradige Veränderungen. Ist eine Infektion mit einem HPV high-risk Typen bekannt oder ist nicht bekannt, ob eine Infektion mit einem HPV-Hochrisikotypen vorliegt, sollte eine Kolposkopie durchgeführt werden. Besteht ein negativer HPV-Test, können der zytologische Abstrich und der HPV-Test nach einem Jahr wiederholt werden. Bei Patientinnen jünger als 30 Jahre sollte kein HPV-Test durchgeführt werden. In diesem Fall wird die Wiederholung des Abstriches nach 6 und 12 Monaten empfohlen.
Vorgehen bei HSIL
Hierbei handelt es sich um ein Abstrichresultat, bei dem mittelschwere bis schwere Zellveränderungen vorliegen. Das Risiko für eine Krebsvorstufe beträgt bis zu 70% und das Risiko für Gebärmutterhalskrebs bis zu 7%. Wurde bei Ihnen ein solcher Abstrichbefund erhoben, so sollte im nächsten Schritt eine Kolposkopie mit Biopsie durchgeführt werden. Durch die Entnahme der Gewebeprobe kann die Krebsvorstufe bestätigt werden und eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. Üblicherweise wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Ihnen in diesem Fall eine sogenannte Konisation empfehlen, bei der mittels Schlingentechnik (LEEP) das erkrankte Gewebe entfernt wird. Bei sehr jungen Frauen ist man mit der Indikationsstellung zur Konisation etwas zurückhaltender aufgrund der sehr hohen Chance auf Spontanheilung. Zudem ist die Konisation mit einem leicht erhöhten Risiko für Frühgeburten bei späteren Schwangerschaften assoziiert.
Abnormale glanduläre Zellen: AGC-NOS und AGC-FN
Ist ein solches Abstrichresultat bei Ihnen diagnostiziert worden, so handelt es sich um abnormale Drüsenzellen im Befund. Drüsenzellen oder sogenannte glanduläre Zellen befinden sich u.a. im Gebärmutterhalskanal und in der Gebärmutterhöhle. Bei diesem Abstrichbefund sollte eine Kolposkopie und eine Transvaginalsonographie empfohlen werden. Bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren (wie z.B. Alter > 35 Jahre, einer positiven Familienanamnese für entsprechende Krebserkrankungen oder Vorliegen von Blutungsstörungen bzw. Blutungen nach der Menopause) sollte zusätzlich eine Gebärmutterspiegelung mit Ausschabung der Gebärmutterschleimhaut durchgeführt werden.
Was bedeutet CIN?
Die Abkürzung CIN steht für cervikale intraepitheliale Neoplasie und beschreibt ebenfalls Zellveränderungen (Dysplasien) am Gebärmutterhals, die als Vorstufen für Gebärmutterhalskrebs gelten. Die Diagnose CIN wird jedoch nicht nur durch einen zytologischen Abstrich gestellt, sondern durch Untersuchung einer Gewebeprobe (Biopsie) vom Gebärmutterhals. Es werden 3 verschiedene Stufen der cervikalen intraepithelialen Neoplasie unterschieden:
- CIN I: niedriggradige Dysplasie
- CIN II: mittelgradige Dysplasie
- CIN III: hochgradige Dysplasie
Stellt der Arzt eine cervikale intraepitheliale Neoplasie fest, ist dies in der Regel noch kein Grund zur Sorge. Viele dieser Zellveränderungen bilden sich innerhalb von 1-2 Jahren wieder spontan zurück. Die Wahrscheinlichkeit, dass die CIN von allein wieder verschwindet, hängt vom Ausmass und der Dauer der HPV-Infektion ab. Je länger eine Infektion mit einem HPV-Hochrisikotypen besteht, desto unwahrscheinlicher ist eine spontane Rückbildung.
Bei CIN I handelt es sich um leichte Zellveränderungen. Sie heilt in 60% der Fälle spontan und ohne Behandlung aus. 10% aller CIN I-Fälle entwickeln sich über mehrere Jahre hinweg bis zur CIN III. Sollte bei Ihnen eine CIN I vorliegen, kontrolliert Ihre Ärztin oder Ihr Arzt alle 3 Monate mittels eines zytologischen Abstrichs, ob sich die Zellveränderungen wieder zurückbilden. Besteht eine CIN I länger als 2 Jahre, wird sie/er Ihnen eine Konisation empfehlen.
Die CIN II beschreibt eine mittelschwere Form von Zellveränderungen. Sie heilt in 40% der Fälle innerhalb von 2 Jahren von allein aus. In 20% der Fälle entwickelt sich daraus eine CIN III. Sollte bei Ihnen eine CIN II festgestellt worden sein, so muss diese nicht sofort behandelt werden. Es sollten Verlaufskontrollen alle 3 Monaten mittels eines zytologischen Abstrichs durchgeführt werden, um zu kontrollieren, wie sich die CIN II entwickelt. Sind die Zellveränderungen nach einem Jahr nicht verschwunden, wird man Ihnen eine Konisation empfehlen.
Bei CIN III sind die Zellveränderungen bereits weiter fortgeschritten, so dass die Chance auf eine spontane Rückbildung nur noch gering ist. Bei diesem Befund ist es sehr wahrscheinlich, dass die Dysplasie in einen Gebärmutterhalskrebs übergeht. Somit wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Ihnen in dieser Situation ohne weiteres Zuwarten zur Konisation raten.
Haben Sie weitere Fragen zum Thema HPV-Infektionen und zur gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung oder ist bei Ihnen ein auffälliger PAP-Abstrich festgestellt worden? Wir beraten Sie gern in einem persönlichen Gespräch.
Möchten Sie mehr über HPV und die HPV-Impfung erfahren? Besuchen Sie auch unsere HPV-Webseite unter www.hpv-shield.ch

FMH Gynäkologie und Geburtshilfe
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